16.03.13 «Machbarkeitstest Zufallswanderung» Von Steinmaur indirekt nach Weiach (Thomas) |
Anmerkung: Diese Wanderung wird am 23.03.13 mit umgekehrter Strecke, d. h. von Weiach nach Steinmaur "geplant" wiederholt
Da am kommenden Karfreitag das "Experiment Zufallswanderung" ansteht, habe ich mich kurzfristig entschlossen, dies einmal im Voraus auszuprobieren. Ich wollte wissen, was für Herausforderungen in der Praxis auftauchen, an welche bei der theoretischen Planung nicht gedacht wurde und/oder die übersehen wurden. Als Startort wählte ich Steinmaur (bei Dielsdorf), das in der Event-Ausschreibung als Beispiel genannt ist. Herausgekommen ist eine Wanderung mit einigen Umwegen und mehreren Highlights. Nur einmal habe ich bei der Auslosung der Route geschummelt, um den naheliegenden Höhepunkt (sowohl topografisch und mental zu verstehen) nicht zu verpassen.
Wanderstrecke: ca. 17 km Höhendifferenz: auf 350 m / ab 420 m Netto-Wanderzeit: 4 Stunden
Epilog zum Thema «Zufallswanderer und Quantenwanderer». Im Netz gefunden:
Wenn ein Tourist auf Sightseeing-Tour an jeder Weggabelung eine Münze wirft, um zu entscheiden in welche Richtung es weitergeht, so überlässt er sein Ziel dem Zufall. Bricht später ein Freund auf, um ihn zu suchen, so kann er nicht wissen, wo dieser sich gerade befindet. Je mehr Weggabelungen der Tourist auf seiner Zufallswanderung bereits passiert hat, desto größer ist die Zahl der Orte, an denen er sich aufhalten kann. Liegt einer der Orte an mehreren Wegen, so ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass der Freund ihn dort finden kann. Der Aufenthaltsort sagt allerdings nichts über den gewählten Weg aus. Klärt der Zufallswanderer seinen Freund schließlich über seine genaue Route auf, ändert dies offensichtlich nichts an der Wahrscheinlichkeit, mit der die möglichen Ziele erreicht werden.
Dies ändert sich jedoch, wenn der Spaziergänger den Gesetzen der Quantenphysik gehorcht. Erstaunlicherweise muss der Quantenspaziergänger dann an allen Orten tatsächlich gewesen sein, die auf einem möglichen Weg zu einem Ziel liegen. Ein Quantenspaziergänger bleibt er allerdings nur dann, wenn er niemanden über seine Route informiert. An Wegpunkten, die er zweimal passiert haben muss, kann sich dieser seltsame Spaziergänger sogar selbst ausgelöscht haben. Daher unterscheidet sich auch die Wahrscheinlichkeit, mit der ein solcher Quantenspaziergänger seine Ziele erreicht von der des Zufallswanderers. Solche Phänomene treten in der Physik immer dann auf, wenn sich Objekte in einem Fall als Welle, im anderen als Teilchen beschreiben lassen.
Alles klar? Wenn (auch) nicht, bitte den ganzen Artikel lesen....
Unser System der Zufallswanderung ist demgegenüber geradezu einfach zu verstehen, es ist in der Eventausschreibung detailliert beschrieben. Weil es neben den Weggabelungen auch Knotenpunkte gibt, reicht ein Münzenwurf nicht. Bei den Weggabelungen kommen die Richtungsanweisungen Links oder Rechts zum Zug. Die Knotenpunkte werden mit Himmelsrichtungs-Angaben ausgelost.
So viel zur Zufallswanderungs-Methode. In der Praxis zeigte es sich bereits beim Bahnhof Steinmaur, wie...
...komplex die Umsetzung sein kann: Drei Möglichkeiten, doch welche Himmelsrichtung wird dem Wegweiser zugeordnet, welcher in einem 30º Winkel vom nach Süden zeigenden Pfeil abweicht?
Ich entschied mich für den Osten, was prompt zu einem O in der Auslosung führte. Der Weg führte durch's...
...Dorf an der geschichtsträchtigen Mühle vorbei zum nächsten Wegweiser, wo ich das "R" zog, nicht...
...ahnend, dass dies die letzte Auslosung für die nächsten 90 Minuten war! Ich folgte dem Weg entlang des...
...Fischbachs mit wenig Hoffnung, dass ich in der angekündigten Storchensiedlung einen Meister Adebar...
...zu dieser Jahreszeit antreffen werde. Es waren jedoch deren viele, die hier überwintert haben und die wärmenden Sonnenstrahlen sichtlich genossen:
UPS und weg war er!
Auch ich entschloss mich zum Weitergehen und folgte dem Fischbach, welcher ein wunderschönes Naturschutzgebiet durchquert, das viele optische Eindrücke bietet:
Beim untersten Foto ist im Hintergrund Dielsdorf mit dem letzten Lägern-Stück zu erkennn. Keine 100 m...
...bevor ich die Strasse Dielsdorf — Riedt erreiche, traue ich meinen Augen nicht: Waren hier tatsächlich...
...Biber am Werk? Eine gezoomte Aufnahme der "gefrästen Nut" bestätigt es: Auch hier an diesem kleinen Gewässer wollen sie offenbar einen Damm bauen!
Das nun folgende Wegstück führt für einige 100 m entlang der Verbindungsstrasse Dielsdorf — Riedt...
...bevor es noch immer auf Hartbelag, jedoch fern vom Autoverkehr in Richtung des schmucken Dorfs geht:
Unterwegs werde ich immer wieder daran erinnert, dass ich nach wie vor auf dem Obst-Lehrpfad bin:
"Bonsai-Apfelbaum": Das Verhältnis Stammdicke / Stammhöhe war von der Schöpfung kaum so vorgesehen
Riedt mutierte in der 70-er Jahren vom einfachen Bauerndorf zur bevorzugten Wohnregion, doch der...
...alte Dorfkern wird von liebevoll gepflegten Fachwerkhäusern geprägt und auch ein zum Biotop...
...umfunktionierter ehemaliger Feuerwehr-Weiher ist eine Idylle am Wegrand:
Auf einer Anhöhe ausgangs des Dorfs bietet sich ein Platz mit schöner Aussicht für eine erste Rast an:
Teile des Neeracher Riedts, dahinter die Gemeinde Niederglatt vor den gerade noch erkennbaren Alpen. Ich...
...ziehe weiter auf einem leicht erhöhten Panoramaweg in Richtung Neerach, etwas weiter oben kreuzen Flugzeuge auf dem Anflug nach Kloten meinen Weg
In Neerach ist es nach beinahe zwei Stunden nach Steinmaur wieder so weit: Ich "darf" ein Weglos ziehen...
...welches die weitere Route eine wortwörtlich sinngemässe "wegweisende Bedeutung" haben wird:
Es ist ein L (für Links): Ich werde also für absehbare Zeit links der Glatt bleiben, riskiere jedoch in die Region des Startpunkts zurück zu kehren. Etwas weiter oben an der Steinmaurerstrasse ist darum die Erleichterung gross, als sich bei einer weiteren Weggabelung ein "R" mich auf den Weg in Richtung Rheingebiet wies.
Ausgangs des Dorfs fällt diese einzigartige Kirche im Fachwerk-Baustil, die sich beim genaueren Hinsehen...
...als Zeuge jener Zeit erweist, als die Jugend-Bildungsstätten noch nicht rein funktional gebaut wurden
Auf einem sanft ansteigenden Weg über Wiesengelände und Waldpassagen nähere ich mich dem...
...Stadlerberg, welcher am 14.11.1990 traurige Berühmtheit erlangte, als die Alitalia-Maschine AZ404...
...im Anflug auf Kloten in die Nordflanke abstürzte. Im Bild die Gemeinde Stadel mit dem Stadlerberg
Auf dem Anstieg beobachte ich einige Gleitschirmpiloten und Modellflugpiloten, welche den aufkommenden...
...Föhn für "viel Action" bei der Ausübung ihrer Hobbies nutzen wollten. Auf der linken Waldseite öffnet sich...
...Blick ins Bachsertal mit der Kultur-Gemeinde Bachs in der Bildmitte. Etwas oberhalb dieses Punkts befahl...
...mir bei diesem Wegweiser die Auslosung, nach links Richtung Kaiserstuhl zu gehen. Hier schummelte ich im einseitigen Einvernehmen, denn vom nahen Aussichtsturm auf dem Stadlerberg habe ich schon viel Gutes gehört. Dies bringt einen lediglich 30-minütigen Umweg, welcher mich anschliessend wieder auf den "rechten Weg" zurück führen wird. Also bewältige ich die 100 m Extra-Höhendifferenz...
...begegne unterwegs der Unterländer-Ausgabe eines "Mini Creux du Van" und stehe plötzlich vor ihm:
Wie hoch der Turm ist, weiss ich nicht, doch dass es 153 Stufen bis oben sind, habe ich mir gemerkt Von diesem Bauwerk wurde mir einst gesagt, die Flugzeuge fliegen so nahe daran vorbei, dass die Augenfarbe der Piloten erkennbar sei....
....und es war so: Ich sah zwar nur den Co-Piloten, doch der hatte eindeutig mandelbraune Augen
Imposant ist jedoch (noch viel eindeutiger...) die Aussicht, die bei guter Fernsicht einmalig sein muss:
Stadel im Vordergund, hinten in der Bildmitte die Pisten vom Flughafen Kloten mit noch erkennbaren Alpen
Der Flughafen Kloten gezoomt
Dielsdorf mit Alpen-Panorama
Auch der Abstieg inRichtung Weiach / Kaiserstuhl war "knieschonend-sanft". Zuerst in grossen Schlaufen...
...durch den Wald, dann über offenes Gelände, hier bereits wieder auf dem durchs Los befohlenen Weg...
...auf welchem ich einer weiteren Option für Judith's Maiensäss-Träume begegne (mit See-Anstoss)
Nach vier Stunden erreiche ich den Ortseingang von Weiach...
...wo mich die Unterländer Version eines Fleckviehs als erstes begrüsst...
...bevor das offizielle Empfangs-Komitee willkommen heisst:
Weil die Sitzbank schon besetzt ist, warte ich auf dem Grillplatz mitten im Dorf auf den Bus, der mich nach...
...Bülach bringt und lasse mich auch durch den letzten Wegweiser nicht aus der Ruhe bringen:
Auf direktem Weg hätte ich "es" zwei Stunden schneller haben können!
Doch in einer geplanten Direkt-Route wäre ich nicht den Störchen begegnet, hätte nicht die schönen Aussichten auf das Neeracher Ried und vom Stadlerberg geniessen können, dafür vielleicht andere Schönheiten am Wegrand entdeckt. Mein Losglück lässt das Fazit zu, dass sich die "zufällig begangene Route" durchaus auch als lohnenswerte "geplante Wanderung" durchführen liesse. Bleibt uns zu hoffen, dass wir nach der anstehenden Zufalls-Wanderung vom Karfreitag dieselbe Aussage machen können.
Erkenntnisse für weitere Zufalls-Wanderungen:
• Heikle Knotenpunkt-Wegweiser:
Hier muss vor der Auslosung jedem der Schilder eine Himmelsrichtung zugewiesen werden. Ansonsten verkommt die Auslosung zu einem Wunschkonzert.
• Wegweiser mit einer "Sackgassen-Abzweigung":
Wenn eine Gabelung in eine "Sackgassen-Destination" führt, wird der Wegweiser nicht als Gabel-Wegweiser interpretiert: Ich hätte am Anfang der Strecke 3 x zum Bahnhof Dielsdorf wandern können.
• Flexibilität auf der Wanderstrecke: Man/frau sollte die Kirche im Dorf lassen (auch wenn es ein altes Schulhaus ist): Wenn sich unterwegs ein "lohnenswerter Seitensprung" mit vertretbarem Zeitaufwand anbietet, sollte nicht verbissen an der durch das Los bestimmten direkten Richtung festgehalten werden: Notfalls halt eben zur Wanderstrecke zurückkehren oder einen Umweg zum ausgelosten Teil-Wanderziel in Kauf nehmen. Solche Entscheidungen sollen demokratisch in der Gruppe gefällt werden.
Die Hauptprobe ist geglückt, nun freue ich mich auf eine gelungene Premiere am Karfreitag!
Herzliche Grüsse
Thomas
Blum 17.03.13: | Einen etwas anspruchsvolleren Artikel als denjenigen der Paderborner Forscher hätte ich von dir schon erwartet.... |
ThomasM 18.03.13: | Du kannst das Prozedere vereinfachen, indem Du Nummernlose (1..8) mitnimmst. Einen der Wegweiser, z.B. der nach Nord ist dann immer 1 und dann im Uhrzeigersinn geistig durchnumerieren und einfach soviele Lose in den Sack tun, wie es Wanderrichtungen hat. Das erspart Dir die mühsame Zuordnung zu Himmelsrichtungen. |
Thomas 18.03.13: | @ ThomasM: Danke Namensvetter für den konstruktiven Vorschlag, den ich gerne üernehme. Als Alt-Pfadfinder und Ex-OL-Läufer bin ich noch immer "Kompass-orientiert" und wäre nicht darauf gekommen. |