23.09.05 - 25.09.05 Urikranz (Teil 1) (hammerhai) |
Gotthardpass - Furkapass - Nepali Highway
Hallo zusammen,
diesmal möchte ich euch eine 3- tägige Wanderung vorstellen, 3 zusammenhängende Etappen des "Urikranz". Es ist eine sehr anspruchsvolle und veritable Hochtour ,durch eine alpine Gebirgslandschaft, in einer Höhe über 2000m ü.M. Schwindelfreiheit , Trittsicherheit und ein gutes Orientierungsvermögen sind unabdingbar. Die Markierung ist meistens weiss-blau-weiss, Schwierigkeitsgrad T3-T5. ( Wanderskala )
1. Tag: Gotthardpass - Cavannapass - Rotondohütte
Start dieser Wanderung ist das Gotthardhospiz, dasss ihr am besten mit dem Postauto von Airolo erreicht. Vom Hospiz (2092m) laufen wir zum Lucendrostausse, hinauf auf die Staumauer und dem See entlang ans hintere Ende zur Alpe di Lucendro (2181m). Auf einem gut markierten Wanderweg, steil hinauf und über viele Kehren erreichen wir eine eine kleine natürliche Aussichtsplattform (2230m) wo wir die Alp und den Stausee überblicken können.
Nach einer kurzen Rast, weiter steil hinauf, erreichen wir Punkt 2480, eine kleine feuchte Ebene. Nun sehen wir auch den Passo di Lucendro (2522m), wo wir nach 2 Stunden Aufstieg unsere Mittagsrast machen. Da wir im Schatten des Pizzo Lucendro rasten müssen, vertreibt uns der etwas kühle Bergwind aber schon bald wieder. Also alles schnell einpacken und über den Pass auf die Südseite des Pizzo Lucendro wo uns die Sonne und eine wunderschöne Sicht auf das Bedrettotal und Teile der Leventina erwartet.
Kurz nach dem Pass erreichen wir die Cresta del Pancinetto, eine gut gesicherte einfache Kletterstelle, weiter entlang dem Südhang des Pizzo Lucendro, leicht abfallend zum Punkt 2449 um dann wieder hinauf zum Cavannapass (2613m) zu steigen. Im Norden, das Tal der Witenwasserreuss vor uns, im Hintergrund ein Teil der Furkapassstrasse und die Gipfel des Galenstock, Gletscherhorn, Winterstock und Lochberg, im Westen der Ronggergrat, der Witenwasserenstock mit Gletscher und Gletschersee, das Chli - u. Gross - Leckihorn, die Muttenhörner und die Rotondohütte und im Süden das Bedrettotal. Wie gerne würde ich noch ein bischen länger auf diesem Pass verweilen, der übrigens ein Übergang zwischen dem Tessin und dem Kanton Uri ist, aber wir müssen weiter, denn das schwierigste Stück dieser ganzen Wanderung steht uns noch bevor.
Vom Cavannapass folgt man dem ausgeprägten Militärpfad, vorbei an alten Militärstellungen, Richtung Westen, bis der Grat immer schmaler wird. Dort quert man die Norddachung des Ronggergrat und erreicht schliesslich den Hühnersattel (2695m) den höchsten Punkt dieses Etappe. Schwierig wird nun der Abstieg zum See des Witenwasserenstock. Wir steigen über den groben Blockschutt, vorbei an gletschergeschliffenen Felsen und über zwei Firnfelder hinab zum Punkt 2650. Wir kommen nur sehr langsam vorwärts, denn jeder Schritt will gut überlegt sein und auch der Einsatz der Hände und manchmal des Hosenbodens kommen nicht zu kurz. Als die Sonne hinter den Muttenhörnern verschwindet erreichen wir endlich den Gletschersee mit seinen "Eisbergen".
Wir sind schon spät dran und können darum nur kurz die Abendstimmung am See geniessen. Dem Rand des Witenwasserengletscher folgend erreichen wir in einem weiten Bogen, nach ca. 7Std. reiner Marschzeit, die schon länger sichtbare Rotondohütte (2570m). Erleichtert stellen wir fest, das die Wirtin, die Claudia, und die wenigen Gäste mit dem Abendessen auf uns gewartet haben. Sie haben uns schon seit längerer Zeit kommen sehen und gleichzeitig mit uns, kommen auch noch zwei weitere Wanderer aus Richtung Realp, die sich auch angemeldet haben. Schnell haben wir unsere Wanderschuhe mit den Hüttenfinken getauscht, den Schlafplatz bezogen und uns für 's Essen umgekleidet. Das Essen schmeckt ausgezeichnet und auch das Österreichische Bier lässt sich drinken. Wir unterhalten uns ausgiebig mit den anderen Gästen und so geht der Abend wie im Fluge vorbei. Wir schleppen uns, mit immer noch schweren Beinen, zu den Räume über der Gaststube, wo uns auch bald der Schlaf übermannt.
2.Tag: Rotondohütte - Furkapass - Sidelenhütte
Nach einer kühlen Nacht und einem schönen Sonnenaufgang, geniessen wir das ausgiebige Frühstück. Die Sonne hat inzwischen den nächtlichen Frost aufgetaut und so machen wir uns alsbald auf den Weg. Wir verlassen die Hütte Richtung Westen und nach kurzer Zeit erreichen wir den steilen Aufstieg zum Röttelligrat. Auf dem höchsten Punkt des Grats (2748m) geniessen wir ausgiebig die uns umgebende Gebirgslandschaft. Unter uns sehen wir die Rotondohütte, im Osten sehen wir den Pizzo Lucendro, den Cavannapass und den "Weg" den wir gestern gegangen sind.
Im Westen sehen wir den Witenwaserenstock mit seinem Gletscher und das Chli u. Gross Leckihorn in der Morgensonne leuchten.
Und wenn wir nach Norden schauen dann sehen wir unter uns das Muttental und kriegen ein Vorstellung davon wie der nächste Teil der Wanderung, an's Ende des Tals, verlaufen wird. Die unzähligen Weisen Gipfel im Hintergrund trennen das Urserental, mit dem Furkapass am Ende des Tals, vom Göschenertal. Der höchste Gipfel ist der Galenstock. Der Hügelzug dazwischen heisst " Stozigen Firsten".
Wir steigen über Schroffen und groben Blockschutt ab zum Punkt 2658. Tief unter uns fahren die Züge durch den Furka-Basistunnel. Hier beginnt der schwierigste Teil des heutigen Tages. Wir müssen eine rutschige, da immer noch mit Frost bedeckte, Schuttrinne hinunter. Die Stöcke kann man hier getrost versorgen, denn wir brauchen beide Hände für diesen anspruchsvollen Abstieg.
Nach einer kurzen Rast, wandern wir weiter durch eine sich stetig abwechselnde Landschaft, durch Geröllfelder, Alpwiesen und über Felsen, fast immer leicht absteigend , das Ende des Muttentals. Als wir die Chrummegg (2427m) erreichen, machen wir unsere verdiente Mittagsrast. Auf der anderen Talseite sehen wir den Weg für den Aufstieg zum "Stotzigen Firsten" und nach der Furka.
Nach der Chrummegg durchsteigen wir die Moränenflanke und das Geröllfeld des Muttengletscher und erreichen bald den tiefsten Punkt des heutigen Tages (2365m). Beherzt überspringen wir über mehrere Wildbachläufe der Muttenreuss, durchqueren leicht ansteigend, die "Deieren Älpli" und dann steigen wir den steilen und weglosen Grashang hoch. Man muss sich den Weg selber aus der Karte bestimmen, den es gibt kaum noch Markierungen. Endlich stehen wir auf dem Sattel (2732m) und nun können wir auch das Urserental mit der Furkapasshöhe vollständig überblicken.
Der letzte Abstieg der heutigen Etappe bringt uns an den Seelein vorbei durch die Flanke des Blaubergs. Wir befinden uns wieder auf einem gut ausgebauten und sichtbaren Wanderweg (weiss-rot-weiss) und kommen zügig zum Aussichtspunkt (2429m) auf dem Furkapass voran. Wir haben eine gute Sicht auf die weissbedeckten 4000-er Gipfel des Berner Oberlandes. Eine Mitwanderin hat sich kurzfristig entschlossen die Tour hier abzubrechen und mit dem Postauto ins Tal zu fahren. So nehmen wir mit ihr noch einen Abschiedstrunk im Restaurant beim Furkahospiz. Alsbald verabschieden wir uns und nehmen dann den letzten Aufstieg, zur Sidelenhütte, in Angriff.
Meine Beine werden immer schwerer, haben wir doch schon ca. 6 Std. anspruchsvolle Wanderzeit hinter uns. So lasse ich meine Mitwanderer ziehen, schalte einen Gang zurück. Nach der Überquerung, auf abenteuerlichen "Brücken", des Sidelenbaches und vorbei am See des Sidelengletscher erreichen wir die Sidelenhütte (2708m). Die Hütte ist ausgebucht, es sind viele Bergsteiger und Kletterer anwesend. Die Hütte ist bekannt für einen kurzen Anmarschweg auf die umliegenden Gipfel und bizarren Granittürmen wo man vielfach Kletterer in den Felsrouten beobachten kann. Nach dem Abendessen kann ich mich kaum noch wachhalten und so verlasse ich bald den Aufenthaltsraum und gehe schlafen.
3.Tag: Nepali-Highway - Sidelenhütte - Albert-Heim-Hütte - Tiefenbach
Als wir am anderen Morgen aufstehen und die Schleierwolken einer Kaltfront sehen, wird uns schnell klar, das wir die ursprüngliche Route überdenken müssen. Schon beim Abendessen wollten uns ein paar Gipfelstürmer einen Tip für eine Routenänderung aufschwatzten ;-), einen unmarkierten Weg über die Untere Bielenlücke, welche aber nicht unseren Fähigkeiten und Ausrüstung entsprach. So entschlossen wir uns die Tour bei der Albert_Heim_Hütte zu beenden und ins Tal abzusteigen. Und so hatten wir noch genügend Zeit, den Sidelengletscher und das Kamel in der Morgensonne zu fotografieren.
Gemütlich, als vermutlich letzte, verliessen wir die Hütte und wanderten hinunter in die Südflanke (Punkt 2589) des Chli Bielenhorn und läuft auf einem schmalen Bergweg an dessen Fuss entlang,
bis der Weg an einem Bergseelein vorbei in die Seitenmoräne des Tiefenbachgletschers mündet. Es ziehen vermehrt Wolken von Norden auf und so müssen wir lange warten, bis wir den Galenstock und den mächtigen Tiefengletscher vollständig sehen können.
Auf dem unteren Teil des Gletschers konnten wir ein paar Leute beobachten. Sie gehörten vermutlich zu der Gruppe, die heute früh zum Galenstock aufgestiegen sind und sich auf dem Rückweg zur Albert-Heim-Hütte befinden. Auch wir haben das schwierigste Stücke der heutigen Wanderetappe noch vor uns. Wir müssen von der Moräne hinunter auf den Tiefenbachgletscher und an dessen Zunge den Tiefenbach überqueren. So wir denn einen zumutbaren Übergang finden würden, was sich auch nicht grad als einfach herausstellte. Mit akrobatischen Sprüngen oder der Hilfe von starken Armen überquerten wir kleinere und grössere Bachläufe, bevor wir auf den Hüttenweg, von der Unteren Bielenlücke kommend, einschwenkten.
An der Abzweigung nach Tiefenbach entschlossen wir uns spontan in die Hütte aufzusteigen. Sie steht auf einem mächtigen Felsen welcher der eiszeitlichen Gletscher stehen gelassen hat. Schon beim Aufstieg treffen uns ein paar Regentropfen. Aber der Hunger ist mächtiger und aus die Küche wartet auch schon auf Gäste. Beim Studium des Postautofahrplans stellen wir ausserdem fest, dass der nächste Bus erst Abends um 18:00 fährt!! Das verschlägt uns aber nicht den Appetit und so liessen wir uns auch noch zum selbstgebackenem Zwetschgenkuchen überreden. Einfach köstlich!
Wir machten uns aber dann doch zügig auf den Weg nach Tiefenbach, die Wolken waren in der zwischenzeit dichter und dunkler geworden. Wir waren dann auch keine 15 Min. unterwegs als wir unsere Regensachen auspacken und die Rucksäcke wasserdicht machen mussten. Ein Graupelschauer entlud sich ausgerechnet auf dieser Seite des Tales der sich dann, im tiefergelegenen Tiefenbach zu heftigem Regen wandelte. Wir waren nicht die einzigen die unterwegs waren und vom Gewitter überrascht wurden und als wir uns dem Parkplatz bei Tiefenbach näherten schaute ich mich nach einer Mitfahrgelegenheit um. Wir wollten nicht noch 4 Std. in Tiefenbach auf den Bus warten! Als uns 2 Pärchen überholten erzählte ich ihnen ganz verzweifelt von unserer Situation und ob sie uns nicht ein Stück mitnehmen könnten. Zur grossen Überraschung und Freude fuhren sie uns bis zum Göschener Bahnhof. Während wir im Bahnhofbistro unseren Kaffee tranken, hatten sich die Wolken ausgeregnet und machte wieder blauem Himmel Platz. Aber das merkten wir erst als wir in den Zug stiegen, der uns wieder nach Hause brachte.
Anmerkung: Dies ist eine sehr anspruchsvolle Wanderung und sollte nur von erfahrenen und geübten Berggängern gewandert werden. Als einfachere Alternative zur Strecke Ronggergrat - Witenwaserengletscher - Rotondohütte, empfehle ich euch, den nicht markierten Weg(ist aber auf der Karte eingezeichnet) vom Cavannapass durch eine Schutthalde zur Oberstaffel und auf dem Wanderweg, von der Realp kommend, zur Hütte aufzusteigen.
Karte: Urner Wanderkarten , 1: 25'000, Gotthard