07.10.12 GrenzGratWanderung im Luganese: Monte Boglia / Denti della Vecchia (Beat) |
Weil für heute Sonntag wieder einmal Nordföhn-Wetter angekündigt worden ist (d.h. Regen im Norden und Sonne im Süden), habe ich mich kurzfristig entschieden, ins Tessin zu fahren und dort eine Wandergegend zu erkunden, die ich schon lange einmal besuchen wollte: Das Gebiet "hinter" dem zweiten Luganeser Hausberg, dem Monte Bré, nordöstlich von Lugano. Dort befinden sich nämlich die markannten und weit herum sichtbaren Dolomitfelsen der "Zähne der Alten", die Denti della Vecchia.
In den schön gestalteten und grossformatigen Wanderbüchern des AT-Verlages ist dieses Gebiet über dem Val Colla, zwischen Monte Bré, Monte Boglia und Denti della Vecchia, mehrfach mit Routenvorschlägen vertreten, z.B. in den mir vorliegenden Ausgaben von:
Als ich auf dem Monte Bré loslaufe, bin ich noch unentschieden, welche Route ich wählen will: Über den Monte Boglia und / oder entlang den Denti della Vecchia; Abstieg nach Cadro, Villa Luganese, Sonvico oder Cimadera?
Schlussendlich bin ich folgende ROUTE gewandert: Monte Bré (915m) - Bré Paese (790m) - Materone (905m) - Carbonera (1033m) - Monte Boglia (1516m) - Pian di Scagn (1174m) - Denti della Vecchia / Sasso Grande (1395m) - Cap. Pairolo (1353m) - Cioascio (1041m) - Sonvico (586m)
Weitere Bilder im Picasa-Webalbum:
https://picasaweb.google.com/106092147151904821590/DentiVecchia071012
Route dargestellt auf swisstopo mit http://map.schweizmobil.ch:
Streckenlänge ca. 18km; 1200m aufwärts, 1500m abwärts:
Weil die An- und Rückreise nach Lugano recht weit ist, nehme ich bereits den für mich frühmöglichsten Zug, der kurz nach 06 Uhr in Zürich abfährt. Bis ich in Lugano bin, hat der Zug rund 15 Minuten Verspätung, so dass ich den Bus zur Monte-Bré-Bahn in Lugano-Cassarate nicht mehr erreichen kann. Das ist aber kein grosses Problem, denn die gut zwei Kilometer bis dorthin sind auch per Fuss gut zu bewältigen.
HINWEIS zu den Busstationen beim Bahnhof in Lugano: Vor dem Bahnhofgebäude hat es zwei Bus-Haltestellen, die etwa 200 Meter auseinander liegen, nämlich "Lugano, Stazione" und "Lugano, Stazione Nord". Weil die Anschlüsse Zug-Bus häufig knapp sind, klärt man mit Vorteil vorher genau ab, bei welcher der beiden Bus-Haltestellen der gewünschte Bus abfährt.
Durch eine Strassen- und Hausflucht in Lugano werfe ich einen ersten Blick zum Gipfel des Monte Bré:
Die museumswürdige Standseilbahn, der Funicolare Monte Bré, überwindet die rund 650 Höhenmeter zum Monte-Bré-Gipfel (einmal Umsteigen inbegriffen!) in wenigen Minuten:
Kurz vor 10 Uhr starte ich die Wanderung auf dem Monte Bré in Richtung Bré (Dorf) und dann weiter zum Monte Boglia. Dort werde ich um 11:30 ankommen; die Denti della Vecchia erreiche ich um 13 Uhr und unten in Sonvico bin ich gegen 15:15 Uhr. Die auf dem Weweiser angegebenen 3:20 h bis zum Monte Boglia sind sehr grosszügig bemessen (oder dann beziehen sie auf die Rundwanderroute via Alpe Bolla):
Der Treppenweg durch eine Birkenallee führt hinunter ins Bré Dorf (Bré Paese / Bré sopra Lugano):
Blick auf das Dorf Bré mit dem bewaldeten Hang unter dem Monte Boglia, zu dem ich gleich aufsteigen werde. Der angekündigte Nordföhn, der Wolken und Nebel eigentlich Richtung Italien wegblasen sollte, scheint noch im Sonntagsschlaf zu verharren. Erst am Nachmittag werden sich die Sichtverhältnisse deutlich verbessern:
Zwischen Lugano und Bré Paese besteht auch eine Busverbindung; im Januar / Februar ist der Betrieb der Standseilbahn normalerweise eingestellt und dann ist der Bus die einzige ÖV-Verbindung hier hinauf.
Im vergangenen Februar sind wir von Gandria her ins damals schneebedeckte Dorf Bré aufgestiegen.
FF-Blog dazu: 05.02.12 / Auf dem Olivenweg von Castagnola nach Gandria und hinauf nach Brè
Blick zurück auf den Monte Bré, unten zwischen den Bäumen das Dorf Bré und links hinten sind durch den Nebelschleier knapp die Zuckerhut-Konturen des Monte San Salvatore zu erkennen:
In angenehmer Steigung, stellenweise über einen breiten alten Bollensteinweg und durch schönes Waldgebiet gehts aufwärts:
Wohl noch nie habe ich auf einer Wanderung so viele Pilze, in allen möglichen Farben und Formen, angetroffen. Diese hier glänzen, als wären sie aus Glas:
Kurz vor Erreichen des Grates (beim Sasso Rosso) folge ich dieser einheimischen Seniorengruppe auf einer Abkürzung im steilen und rutschigen Hang. Die Schlaufe über den Normalweg wäre wohl einiges bequemer gewesen:
Hinter dem Grat fällt der Fels senkrecht in die Tiefe; 1000 Meter tiefer und unter den Wolken liegt der nach Osten verlaufende italienische Seearm des Lago di Lugano o Ceresio:
Dunstig-nebliger Blick zurück auf das Dorf Bré und den Monte Bré:
Beim Blick voraus nach Norden, in Richtung Monte Boglia, lichtet sich der Himmel verheissungsvoll:
Kurz vor dem Monte-Boglia-Gipfel ein Blick zurück auf den zurückgelegten GrenzGratWeg und die Nebelküche a la Italia. Exakt auf dem Grat verläuft hier die Landesgrenze zwischen Italien und der Schweiz, der ich nun über eine Länge von rund 5 km folgen werde:
Kurz nach 11:30 bin ich auf dem GrenzGipfel Monte Boglia (1516 m.ü.M.). Der hier stationierte italienische EU-Zollbeamte liegt flach ausgestreckt unter der Sitzbank und hält bereits seinen Mittagsschlaf:
Auf dem Weg zu den Felszähnen "Denti della Vecchia" kann der Monte Boglia an seinem NordWestHang auch umgangen werden: Bei Carbonera ist die südwestliche Abzweigestelle und nach der Alpe Bolla (bei Pian di Scagn) erreicht man wieder den GrenzGratWeg. Die beiden Wegvarianten können natürlich auch zu einer Rundwanderung zusammengehängt werden.
Tiefblick in Richtung Norden, vermutlich auf die Dörfer Cadro, Villa Luganese, Sonvico (wohin ich am Nachmittag von der Capanna Pairolo her absteigen werde):
Inzwischen erreicht die Seniorengruppe ebenfalls den Gipfel und .....
...... und der vierbeinige EU-Grenzbeamte nimmt nun ziemlich lustlos seine berufliche Tätigkeit auf: ID-Kontrolle und Rucksack-Durchschnupperung. Mit dem Erschnupperten ist er aber ohne weiteres bestechlich.
Ich verlasse den Gipfel, den ich bei hoffentlich etwas besseren Sichtverhältnissen sicher wieder einmal besuchen werde und wende mich nun den Felszähnen im Nordosten zu, den "Denti della Vecchia":
Die zahlreichen Grenzsteine am Weg erinnern immer wieder daran, dass man nun andauernd zwischen Italien und der Schweiz hin- und herpendelt:
Auch eine Art Grenzstein (möglicherweise jener zwischen Leben und Tod oder Himmel und Hölle?):
Auf Pian di Scagn bei der Alpe Bolla kommen der Monte-Boglia-Gipfelweg und der Umgehungsweg zusammen. Die Zeitdifferenz zwischen diesen beiden Wegvarianten bis Bré / Monte Brö beträgt rund anderhalb Stunden:
Blick zurück zum Monte Boglia:
Ankunft bei den silbrig leuchtenden Dolomitfelsen der Denti della Vecchia. Ich wäre nicht überrascht, wenn plötzlich Winnetou und Old Shatterhand durch einen Felsspalt hervortreten würden. So sehr erinnert diese Felslandschaft an die alten Karl-May-Filme, die ja im Dolomitgebirge des früheren Jugoslawien gedreht worden sind:
Hier befinde ich mich am Fuss des Sasso Grande, des mit 1491 m.ü.M. höchsten Felszahns der Denti della Vecchia. Die rund hundert Höhenmeter sind im Schwierigkeitsgrad T5 zu besteigen, was eindeutig über meiner Mutobergrenze liegt:
Passo Streccione - Sasso Grande (T5, II)
Vom Wegweiser wandert man Richtung Nordwesten gegen einen kleinen Sattel (alles im Wald). Bald trifft man auf Wegspuren, man hält sich eher rechts, da eine der Wegspuren Richtung Kletterrouten führt. Vom Sattel sieht man entlang der Felswand (auf der Nordseite) eine markante Wegspur, der man folgt. Man steigt auf der gerölligen Wegspur hoch, geht aber nicht in die markante Rinne hinein, sondern steigt ebenfalls auf Wegspuren bald nach links hoch (auf dem gesamten Aufstieg haben wir zwei verblasste weiss-blau-weisse Markierungen gesehen).
Dann steigt man durch die Ostwand, die etwas links der zuvor erwähnten markanten Rinne verläuft. Es sind meistens gute Pfadspuren vorhanden, grössere Orientierungsprobleme bieten sich keine. Hin und wieder ist man froh um die Legföhren, die als Aufsstiegshilfe dienen. Kurz vor dem Gipfel erklimmt man ein Felswändchen, das im Abstieg nicht ganz trivial ist und überschreitet die (nur) von unten eindrücklich erscheinende Felsspalte und steht bereits auf dem Gipfel.
Da wir die Route nicht kannten und kaum zuverlässige Routenbeschreibungen vorhanden waren (ausser jene im neuen SAC-Führer "Alpinwandern Tessin - Einsame Touren südlich des Gotthards") trugen wir vorsichtshalber Kletterhelme. Dies ist aber nicht notwendig, liegt doch so gut wie kein loses Gestein in der Route zum Sasso Grande.
Quelle: http://www.hikr.org/tour/post28532.html
Blick zurück auf den oben erwähnten Sasso Grande; auf seinem Gipfel kann ich tatsächlich einige Personen erkennen:
Diese beiden Personen sitzen allerdings nicht auf dem Sasso-Grande-Gipfel sondern zwischen den Felsblöcken am Wegrand:
Etwas weiter vorne treffe ich auf "richtige" Kletterer, ausgerüstet mit allem nötigen Drum und Dran; diese zwei haben gerade den Abstieg hinter sich ......
...... und dieser beginnt, unter Schritt-für-Schritt-Anleitung seines Kollegen, soeben mit dem Einstieg in eine hohe senkrechte Felswand:
Klettern
Das Dolomitklettergebiet Denti della Vecchia ist das kletterhistorisch erste und bedeutendste Tessiner Klettergebiet. Schon Anfang der dreissiger Jahre wurde hier mit Haken gesichert in Kletterschuhen mit Hanfsohlen geklettert. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg trainierten dann auch viele berühmte ausländische Kletterer und Alpinisten wie André Roch, Emilio Comici oder Ricardo Cassin an den Denti. Besondere engagiert bei der Erschliessung war die lokale Gruppo degli Scoiattoli. Heute finden sich an den vielen einzelnen Klettermassiven hunderte von Sportkletterrouten in den Schwierigkeitsgraden 3b bis 8a nach der französischen Skala. Das Klettergebiet eignet sich vor allem für erfahrene Kletterer, da die Routen nicht für den Kindervorstieg eingerichtet sind und nur selten Top-Rope begangen werden. Das Gebiet ist deshalb für Anfänger nicht geeignet. Nur auf dem Zustieg befindet sich ein kleinerer Übungsblock am Weg. Dank der südlichen Lage kann hier fast das ganze Jahr geklettert werden.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Denti_della_Vecchia
Ich mache mich wieder auf den weiteren Weg in Richtung Capanna Pairolo SAT:
Blick nach Nordosten; links unten die Cap. Pairolo SAT, mein nächstes Zwischenziel:
Die Capanna Pairolo SAT:
Hier, bei der Cap. Pairolo, ist zu entscheiden, wohin ins Tal ich weiter absteigen will, .......
..... nach Cimadera, nach Villa Luganese oder nach Sonvico?
Ich wähle den 1:40h-Abstieg nach Sonvico. Jener nach Cimadera wäre zwar kürzer, dort besteht am Sonntag aber nur alle zwei Stunden eine Busverbindung in Richtung Tesserete / Lugano:
Blick talabwärts durch das Val Colla und immer wieder hinauf ....
..... und immer wieder ein Blick hinauf zu den Felszacken der Denti della Vecchia:
Ein recht grosses Stück des WanderWegs führt nun leider über solchen gerillten Beton. Das hat zwar den Vorteil, dass man rasant vorwärtskommt. Eine Betonpiste ist aber nicht unbedingt die herbeigewünschte Schlussetappe einer Wanderung. Vielleicht ist der etwa gleichlange Abstiegsweg ins Nachbardorf Villa Luganese von angenehmerer Beschaffenheit (müsste ausprobiert werden):
Hier aus dem Val Colla hat man wirklich einen spektakulären Eindruck von den Denti; wie präsentieren sie sich wohl von der gegenüberliegenden italienischen Seite her?
In der Darstellung von GoogleEarth präsentiert sich das Gebiet, aus Südosten betrachtet, wie folgt:
Blick auf den "unauffälligen" Monte Boglia:
Gegen 15:15 Uhr erreiche ich das Dorf Sonvico:
Blick über die Stadt Lugano hinweg, wo ich mit dem Bus nun hinwill und zum Monte San Salvatore hinüber:
Ohne umsteigen zu müssen, fahre ich mit dem 15:35-Uhr-Bus (Nr. 461) von Sonvico (Stazione ARL) nach Lugano (Stazione Nord) und erreiche dort knapp den 16:10-Uhr-ICN zurück nach Zürich, der dort mit 20 Minuten Verspätung ankommen wird.
Beat
Weitere INFOS (umgekehrte Route mit Start in Cimadera und ohne den Monte-Boglia-Gipfel):
- alpineg.ch: http://www.alpineg.ch/cimadera-denti-della-vecchia-bre/
- wandersite.ch (Nr. 473): http://www.wandersite.ch/Tageswanderung/473_Tessin.html
- wanderland.ch (Route 52 / Etappe 6): Sentiero Lago di Lugano / Pairolo - Lugano (M. Bré)
Sumiswald 08.10.12: | Lieber Beat Ich möchte gerne am Mittwoch auch mitkommen. Ich habe kein GA. Liebe grüsse Yvonne |
Martha 09.10.12: | Eine sehr schöne Wanderung. Merci Beat für diesen tollen Blog. Gruss Martha |