21.08.12 Durch die Gondoschlucht: Simplon-Dorf - Gstein - Gondo (Beat) |
Um der gegenwärtig herrschenden Hitzewelle ein wenig zu entfliehen, habe ich heute die angenehm kühle Gondoschlucht (inkl. Festungsstollen) am Simplon im Wallis durchquert.
ROUTE: Simplon-Dorf (1476m) - Gstein/Gabi - Alte Kaserne - Fort Gondo - Gondo (855m)
Die Route entspricht der dritten Etappe der Route 90 (ViaStockalper) von wanderland.ch.
Diese Route 90 / ViaStockalper führt in drei Tagesetappen von Brig über den Simplonpass bis nach Gondo.
Das attraktive Wegstück durch die Gondoschlucht wurde vor zehn Jahren, im Sommer 2002, eröffnet. Unter grossem technischen Aufwand musste der historische Stockalperweg hier saniert und teilweise neu angelegt werden. Er führt nun über zahlreiche metallene Passarellen und Stege (separiert von der Autostrasse) durch diese enge und stark steinschlaggefährdete Schlucht.
Weitere Bilder im Picasa-Webalbum:
https://picasaweb.google.com/106092147151904821590/Gondoschlucht210812
Wanderroute dargestellt auf swisstopo mit http://map.schweizmobil.ch:
Streckenlänge ca. 9km; 230m aufwärts, 850m abwärts:
Nach einer rund einstündigen, faszinierenden Postauto-Passfahrt von Brig über den Simplon starte ich die Wanderung um 10:15 in Simplon-Dorf; kurz nach 13 Uhr werde ich in Gondo ankommen:
Die Autobahn A9/N9, die über den Simplonpass führt, umfährt hier Simplon-Dorf und zwängt sich kurz nach diesem Viadukt ebenfalls durch die Gondoschlucht. In der Bildmitte zeigt sich das 2439 Meter hohe Seehorn. Darunter verläuft die Gondoschlucht von West nach Ost:
Kurz nach Simplon-Dorf verlässt der Stockalperweg die Asphaltstrasse und steigt über schöne Wiesen- und Waldwege nach Gstein/Gabi hinunter:
Bei Gstein / Gabi erreiche ich die Brücke über die Laggina, die als Doveria / Diveria kurz darauf durch die Gondoschlucht und 1km unterhalb von Gondo über die Grenze nach Italien fliesst:
Ab Gabi / Gstein führen zwei Wegvarianten nach Gondo:
- durch die Gondoschlucht (6.3 km / ca. 2 Std.)
- über Furggu / Zwischbergen (10.8 km / 4-5 Std.)
Beide Routen aneinandergehängt ergeben somit eine 7-8 stündige "nahrhafte" Rundwanderung.
Obenstehende zwei Abbildungen aus den Stockalperweg-Flyern von http://www.ecomuseum-simplon.ch
- Weg durch die Gondoschlucht nach Gondo: Flyer Stockalperweg Gondoschlucht
- Weg über Furggu / Zwischbergen nach Gondo: Flyer Stockalperweg Gabi-Zwischbergen-Gondo
Blick über das Flussbett der Laggina durchs Laggintal Richtung Süden; hinten die umgletscherten Bergspitzen von Tällihorn und Tossenhorn. Der Viertausender Weissmies, der rechts davon das Laggintal abschliesst, ist nicht mehr zu sehen:
In der Äbi führt der Weg durch Ruinen eines (unvollendeten) Warendepots von Kaspar von Stockalper:
Ruine in der Äbi
Das am nördlichen Eingang der Gondoschlucht in der Äbi von Kaspar von Stockalper (1609-1691) als Warendepot konzipierte Gebäude konnte nicht vollendet werden. Ein als Türsturz vorgesehenes, am Boden liegendes Werkstück trägt die Jahreszahl 1676. Der Sturz des Handelsherrn im Jahre 1678 verhinderte die Fertigstellung des Gebäudes, das von Feinden Stockalpers als «Festung in der Klus» bezeichnet wurde. Der Turm sollte einen ähnlichen Habitus aufweisen wie der Turm in Gondo.
Quelle: http://www.ecomuseum-simplon.ch/data/Ressources/35_1-Flyer_Stockalperweg_Gondoschlucht.pdf
Auf der gegenüberliegenden linken Flussseite der Doveria führt die Autostrasse über weite Strecken steinschlaggeschützt durch Gallerien in die sich verengende Schlucht hinein. Der Wanderer hat kein "Dach über dem Kopf"; ihm wird auf Warntafeln immer mal wieder geraten, rastlos weiterzugehen:
Im wasserarmen Flussbett zeigt der Fels seine wunderschönen Strukturen:
Ich erreiche die "Alte Kaserne" mit dem Vierstrassenmuseum, einer Postauto-Haltestelle und einem Rastplatz an der Autostrasse:
«Alte Kaserne»
Die «Alte Kaserne» ist um 1805 im Zusammenhang mit dem Bau der napoleonischen Militärstrasse über den Simplon entstanden. Sie sollte als Truppenunterkunft dienen. Während des Baues der Nationalstrasse diente das arg verfallene Gebäude über Jahre als Remise für den Strassenbau und -unterhalt. Ende der neunziger Jahre des 20. Jh.s wurde die «Alte Kaserne» vom Kanton Wallis saniert und in einen Rastplatz integriert. Im offenen Mittelteil des Gebäudes wurde in Zusammenarbeit mit dem Ecomuseum Simplon eine Ausstellung über die Strassen- und Verkehrsgeschichte am Simplon realisiert.
Quelle: http://www.ecomuseum-simplon.ch/data/Ressources/35_1-Flyer_Stockalperweg_Gondoschlucht.pdf
Eine eleganten Brücke ermöglicht einen Abstecher vom Wanderweg hinüber zur "Alten Kaserne":
Blick in den schön gestalteten Ausstellungsraum der "Alten Kaserne":
Die «Alte Kaserne» am Eingang der Gondoschlucht zeigt seit 2002 auf grosszügen Bildtafeln die vier Verkehrsträger am Simplon:
Saumpfad, napoleonische Fahrstrasse, Nationalstrasse und Eisenbahn mit dem Bau des Simplontunnels.
Quelle: http://www.ecomuseum-simplon.ch/museen-und-sammlungen/museen/kaserne
Über die Brücke gehe ich von der "Alten Kaserne" wieder zurück auf den schattigen Wanderweg:
Streckenweise führt der Wanderweg unmittelbar der Strassengallerie entlang oder sogar über deren "Dach" hinweg; mal mit, mal ohne Strassenlärm:
Nationalstrasse und Wanderweg "rivalisieren" sich gegenseitig mit aufwendig erstellten Bauwerken aus Beton und Metall:
Schwindelerregender Panorama-Tiefblick vom Metallsteg in die Gondoschlucht:
Infolge einer Schwindelattacke gerät der Fotograf kurz aus dem Lot:
Der Weg führt durch ein künstlich erstelltes Bachbett, welches seinerseits die Strassengallerie überquert:
Von einer Mittagsrast wird hier abgeraten:
Die Autostrasse wird vom Erdboden (bzw. von der Gondoschlucht) verschluckt.
Blick schluchtabwärts in Richtung Gondo und ......
..... und Blick zurück, d.h. schluchtaufwärts:
Diese beiden Mutigen wollen vermutlich die Schluchtwanderung über den Wasserweg fortsetzen .....
....... viel Vergnügen dazu!
Ich wähle als Fortsetzung nicht den Wasserweg sondern den Verbindungsstollen durch das "Fort Gondo":
HINWEIS:
Die oben angegebenen Öffnungszeiten und Preise beziehen sich auf Ausstellungsräume und Führungen im Fort Gondo; die Stollenbegehung ist davon nicht betroffen.
Fort Gondo
Das Fort Gondo ist eine Infanteriefestung, die in der Talverengung der Gondoschlucht eine zentrale strategische Bedeutung hatte. Zu Beginn des 20. Jh.s und während des Aktivdienstes im Ersten Weltkrieg baute das Militär die bestehenden Verteidigungsanlagen des 19. Jh.s in der Gondoschlucht zu einem Sperrwerk aus. Ein weiterer Ausbau und eine Modernisierung der Festung erfolgten kurz vor und während des Zweiten Weltkriegs. Der Stockalperweg führt im Bereich der Festung ca. 350 m durch den Verbindungsstollen zwischen West- und Ostgalerie.
(....) Wie viele andere militärischen Kampf- und Führungsbauten hat auch das Fort Gondo strategisch ausgedient. Es ist zu einem Stück Militärgeschichte geworden. Seit 2004 betreibt die Stiftung Ecomuseum Simplon das Fort mit «seinen erstrangigen architektonischen und ästhetischen Merkmalen» als Schaufestung mit einem kleinen Museum zur Geschichte und zur Bedeutung der Infanteriefestung: Was vor wenigen Jahren noch streng geheim war, wird heute museal und für die Öffentlichkeit zugänglich.
Quelle: http://www.ecomuseum-simplon.ch/data/Ressources/35_1-Flyer_Stockalperweg_Gondoschlucht.pdf
Über einen Metallsteg erreiche ich den Stolleneingang:
In der Unterwelt herrschen angenehme Hitzetag-Temperaturen und statt Schwindelgefühle werden hier leichte Gruselgefühle ausgelöst:
Kurzes Durchatmen am Tageslicht bevor ein weiterer Stollenabschnitt folgt:
Beim Stollenausgang folgen eine Steinschlagwarnung und dann ein steiler Abstieg über Metalltreppen und anschliessend durch einen rutschigen Schutthang:
Bald werde ich im Dorf Gondo ankommen und anschliessend mit dem Postauto über diese Strassenbaustelle durch die Gondoschlucht zurückfahren:
Vorerst durchquere ich auf dieser Schluchtseite ein Felsschuttgelände .......
..... ein Felsschuttgelände, das aussieht, wie kurz nach einem Erdbeben oder einem Bombenangriff. Hangaufwärts sieht es danach aus, als ob dort früher eine Strasse oder ein Weg über (inzwischen eingestürztes) Natursteinmauerwerk geführt hätte:
Über einen allerletzten Metallsteg wechselt der Stockalperweg auf die linke Schluchtseite und ......
...... und führt direkt über dem "Galleriedeckel" der Autostrasse dem Dorf Gondo entgegen:
Ankunft im Licht (und in der Augusthitze) des Südens:
Blick zurück schluchtaufwärts und über eine lange Gallerieetappe der Autostrasse:
Kurz nach 13 Uhr komme ich ins Dorf Gondo:
Für den Rückweg nach Simplon-Dorf (schluchtfrei hinten um das Seehorn herum) über Zwischbergen / Furggu muss man mit 5-6 Stunden Wanderzeit rechnen:
Für den Rückweg durch die Gondoschlucht nach Simplon-Dorf werden zweieinhalb Gehstunden angegeben:
Links im Bild der imposante Stockalperturm und rechts die Schweizer Zollstation in Gondo:
Das Dorf Gondo wurde am 14. Oktober 2000 durch eine Hangmure stark in Mitleidenschaft gezogen und hatte 13 Todesopfer zu beklagen. Seither jedoch wurde es wieder aufgebaut und am 14. Oktober 2004 neu eingeweiht. Vor der Katastrophe 2000 hatte das Dorf noch über 120 Einwohner, 2007 lebten noch 80 Einwohner in Gondo. Die Schule musste 2007 nach Simplon-Dorf verlegt werden. Das Dorf lebt vor allem vom Durchgangsverkehr und dem Handel mit Tabak und Benzin. Dank des neu aufgebauten Stockalperturms, der Goldmine und den zahlreichen Wanderwegen besitzt das Dorf auch im Tourismus Möglichkeiten.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Gondo
DOK-Sendung von SF-TV im Video-Archiv: Der Erdrutsch von Gondo
Blick nach Italien; die Grenze liegt knapp einen Kilometer unterhalb von Gondo:
Mit dem Postauto, das pünklich von Domodossolo her eintrifft, fahre ich durch die Gondoschlucht und über den Simplonpass zurück nach Brig. Diese Postautofahrt an sich ist ein eindrückliches Erlebnis (und dies quasi gratis, d.h. ohne einen Alpinzuschlag auf das GA oder die Tageskarte!).
Unten im Bild die Ganterbrücke auf der Nordrampe des Simplonpasses (deren damalige Baustelle ich vor rund 35 Jahren besuchen konnte):
Aus meinem alten Fotoalbum:
Die Ganterbrücke Ende Siebzigerjahre im Bau und ein paar Jahre später aus luftiger Höhe beim Abstieg von Rosswald ins Gantertal fotografiert.
Beat
Martha 23.08.12: | Danke Beat für den interessanten Blog und. Gruss Martha |
Heidi 24.08.12: | Uii so schön, da wär ich au gern de bi gsi, LG Heidi |